Hochseeangeln mit Kinder – auf der dänischen Nordsee
Dieses Jahr gab es für uns den ersten Hochseeangel-Versuch. Unser Ferienhaus am Limfjord im Nordwesten Dänemarks bot einen guten Ausgangspunkt, um vom nahegelegenen Hafen Thyborøn aus in See zu stechen. Etwas Ungewissheit blieb natürlich: Werden die Kinder Seekrank? Klappt das auf dem schaukelnden Kutter alles überhaupt? Schlichtweg: Ist das am Ende ein schöner Tag oder Strapaze?
Schließlich kenne ich die Kuttertouren auf die Nordsee schon seit über 15 Jahren, kenne viele Geschichten von widrigen Bedingungen, Seekrankheit, durchbrechenden Ruten und Angelfrust aber auch dreckigen Toiletten und Biertrinkenden Männergruppen.
Aber für mich überwogen stets deutlich die Vorteile und tollen Erlebnisse: Mitten auf dem Meer und nichts als Wasser um einen herum, spannendes und oft äußerst erfolgreiches Angeln, hunderte begleitende Seevögel, eine positive körperliche Anstrengung (ja, Angeln kann auch durchaus und hier besonders Sport sein!), dicke Fische… Kurzum: Ein tolles Abenteuer mit dem nicht hoch genug einzuschätzenden „Nebeneffekt“ eines mehrmonatigen Fischvorrats in der Tiefkühltruhe am Ende der Angelfahrt – und stolzen Kindern!
Und so buchte ich uns (Timo mit seinem Sohn Mika, 11 Jahre, meine Kinder Helene, 10, und Oskar, 7 Jahre) bei Skipper Birger auf der MS Muddi ein, und zwar für eine 12-Stunden-Tour, die kürzeste zur Verfügung stehende Ausfahrt.
Mit im Gepäck:
- Gummistiefel, Regenhose, Regenjacke, Kopfbedeckung (auch und gerade im Sommer)
- Reichlich Proviant (Wasser, Tee, Kaffee sowie Obst, Müsliriegel, Schokolade und einen Berg „Stullen“)
- Kühlbox für den an Bord filetierten Fang inkl. Gefrierbeutel
- alte Lappen um die Hände zwischendurch trocken zu kriegen
- Eimer mit Seil, um Wasser zum Abwaschen stets zur Verfügung zu haben
- Angelschein (für die Erwachsenen, unter www.fisketegn.dk buchbar, Kinder bis 16 Jahren können in Dänemark im Meer frei angeln)
- Angelgerät natürlich, wobei auch auf den Kuttern meist Leihgerät verfügbar ist, Details weiter unten
Unsere Tour ging von 7 bis 19 Uhr und so standen wir pünklich um 6.30 Uhr bereits am Kai und suchten uns ein Platz auf dem Kutter aus, montierten Angelgeräte und tranken einen Schluck Kaffee bzw. Tee.
Die Spannung stieg bereits merklich und nach einer kurzen Begrüßung durch den Skipper Birger und seinen Bootsmann Erik wurde auch schon die Maschine gestartet, die Leinen gelöst und wir tuckerten bereits durch den Hafen.
Unmittelbar vor der Küste rollten wir dann bereits auf der Nordseedünung vor uns hin, etwa 2 Stunden Fahrzeit bis zum Fanggrund, einem großen Steinplateau mitten in der Nordsee.
Helene brauchte rund eine halbe Stunde, um sich an das stampfen und rollen des Kutters in den Wellen zu gewöhnen, Oskar und Mika ließen sich nichts anmerken. Sicherheitshalber hatte ich zwar ein paar Reisetabletten/Kaugummis im Gepäck aber wichtiger war mir, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen, sachlich über die Seekrankheit zu informieren (Gleichgewichtssinn hinterm Ohr wird „gestört“, Horizont beobachten und zur Not muss man sich halt übergeben, aber danach geht’s besser, ein wenig trinken und essen…).
Interessanter wurde es dann, als wir uns mit den Ködern, Vorfächern und zu erwartenden Fischen auseinandersetzten!
Zudem durften wir den Kindern auch einmal den Steuerstand mit all der Technik wie Echolot, Kartenplotter, Radar, beim Kapitän zeigen:
2 Stunden können dann auch schnell vergehen und das Nebelhorn ertönte einmal: Angelbeginn!
Die Kinder ließen Ihre Pilker nebst Beifänger ins rund 25 Meter tiefe Wasser und ehe ich mich versah (bzw. selbst eine Angelrute in die Hand nehmen konnte), waren alle Ruten krumm!
Und auch alle Haken besetzt! Ich glaube, beim ersten Mal „runterlassen“ hatten Oskar und Helene bereits 7 Fische an den Haken!
Zwar waren einige Untermaßig bzw. unterhalb unserer eigenen 45cm-Grenze (die offiziellen Mindestmaße sind HIER zu finden), aber schnell füllte sich die „Bütt“.
Im Vorfeld hatte ich ein Maßband-Aufkleber auf meinen praktischen Angeleimer geklebt, damit die Kinder selbst die Fischgröße bestimmen konnten. Grundsätzlich ist nämlich der Beutetrieb beim Nachwuchs erstaunlich ausgeprägt und der Job von uns erfahreneren Anglern ist es daher, eine Maßvolle Entnahme von Fischen zu erklären und anschaulich zeigen zu können, eben mit dem Maßband – und damit klarzustellen, dass zu kleine Fische schnell & schonend wieder zurück in ihr Element müssen.
Auch das Betäuben, Kehlen und anschließende Hakenlösen will gezeigt werden und wurde von den Kindern schnell und ordentlich, also waidgerecht, umgesetzt!
Regelmäßig legten wir dann noch eine Schaufel Eis, dass die MS Muddi vorher im Hafen gebunkert hatte, auf die Fische für eine perfekte und hochqualitative Fangversorgung.
So angelten wir (besser gesagt die Kinder, ich hatte meist alle Hände voll zu tun) durch den Tag und als um 17 Uhr die Tour abgehupt wurde und die Rückfahrt begann, ließen sich die Kinder erschöpft, aber äußerst glücklich, auf den Hosenboden sinken…
Während für mich nun das Filetieren begann nutzte Timo den tollen Filetierservice von Bootsmann Erik (rund € 1,50 für das Kilo fertig filetierten Fisch).
Helene & Oskar zum Beispiel angelten sich so übrigens 10 Kilo Filet zusammen! Davon wurde einiges direkt gegessen, denn das ist echter Hochgenuss inkl. einem tollen Gefühl bei den Kindern, selbst für das Essen gesorgt zu haben, einiges einvakuumiert und eingefroren.
Nun noch ein paar wichtige Infos & gut gemeinte Tipps:
- Geht als Eltern nicht davon aus, dass Ihr selber groß zum Angeln kommt
- Erklärt, wie wichtig Ordnung an Bord (Messer, Zange, Betäuber immer wieder an den gleichen Platz zurücklegen) und das feststecken der Haken von Pilker & Co. ist (frei herumbaumelnde scharfe Angelhaken können zu bösen Verletzungen führen)
- Sonnencreme gehört genauso ins Gepäck wie wirklich reichlich zu essen und zu trinken
- Auch wenn es vielleicht an Land sommerlich warm ist: Draußen auf See sollte man immer warme, wind und wasserdichte Bekleidung dabeihaben
- Unser Job ist es, den Kindern auch den waidgerechten Umgang mit den Fischen beizubringen, auch dann wenn andere Angler an Bord es leider nicht so genau damit nehmen (Betäuben, Töten etc.)
- und das auch mal ein Fisch zurückgesetzt wird, wenn er z.B. zu klein ist oder nicht verwertet werden kann (wie z.B. die hundertste Makrele)
- Locker und ruhig bleiben, gut organisiert sein, motivieren und erklären. Grundlage für ein unglaublich tolles Abenteuer auf das die Kinder (und wir „Älteren“ auch) noch lange Zeit zu Recht sehr stolz sein können
Und jetzt noch zum wichtigen Angelgerät:
Bei den Tagestouren auf die Nordsee empfiehlt es sich, für die Kinder möglichst leichtes aber sogleich solides Material zu verwenden. Die Pilker- bzw. Bleigewichte liegen meist zwischen 150 und 250 Gramm und entsprechend sollte auch die 2.00 bis 2.40m lange Rute ausfallen (also ein Wurfgewicht in etwa diesem Bereich haben).
Auf die 5000 bis 6000er Stationärrolle kommt eine rund 18kg – tragende Geflochtene Hauptschnur, ans Ende ein entsprechender Wirbel mit Karabiner.
Wir haben meist mit Beifängern geangelt, ideal waren 2 (Federn, Octopusse, Gummimakks, z.B. hat hier KINETIC eine große Auswahl) und einem 150-Gramm Pilker.
Eine Grundsätzliche Erklärung zu An- und Abdrift des Kutters, Tiefe und Strömung sowie der Bodenbeschaffenheit kann der Skipper geben wenn man selber diesbezüglich noch keine Erfahrung hat. Ich habe auf meiner Webseite www.abenteuer-meeresangeln.de aber auch eine detaillierte Erklärung als PDF-Download bereitgestellt.
Abrisse hatten wir keine, wenn es aber zu einem Hänger am Steinboden (meist werden Fels- bzw. Steinfelder und Riffe angefahren) kommt ist es wichtig, sofort die Schnur locker zu lassen, der Haken rutscht dann meist aus dem Stein wieder heraus.
Ich hatte neben 3 fertig montierten Ruten/Rollen-Kombination noch 15 Vorfächer, 10 Pilker, 15 Wirbel griffbereit im Gepäck. Dazu Werkzeug wie Messer, Zange, Holz zum Betäuben, Schere zum Schnurdurchschneiden.
Eine Tasche für den Proviant, eine Tasche für Zusatz- bzw. Regenbekleidung.
Natürlich meine QOOL – Kühlbox für den fertig filetierten Fang.
Und einen Fotoapparat bzw. das Mobiltelephon mit Kamera (auf See hat man aber meist keinen Empfang) um dieses einmalige Erlebnis in Bildern festzuhalten.
Nun noch ein paar Beispiel-Adressen/Links zum Kutterangeln (10- oder 12-Stündige Tagestouren) vor der fischreichen Dänischen Nordwestküste:
Auf der Muddi haben übrigens die Kinder (bis 14 Jahre) nur den halben Fahrtpreis entrichtet. Ich habe für die Kinder € 100,- pro Nase, für mich als Erwachsenen € 200,- pro Nase grob einkalkuliert.
Fragt vorher, ob Kinder an Bord erwünscht sind.
Kalkuliert ein, dass rund jede zweite Tour ausfällt (Windbedingt) und bereitet auch die Kinder „psychisch“ darauf vor bzw. habt direkt einen Plan-B zur Hand (Strandangeln, Wandertour oder was auch immer).
Ich biete grundsätzlich auch Familien- bzw. Eltern-Kind-Reisen nach Norwegen und Dänemark an. Interesse? Kontaktiert mich gerne per Telefon (0160 780 5363) oder Email (schwarte@s-w-ausruestung.de)
Euer Felix
PS: Ich bin immer wieder überrascht, was die Kinder so alles drauf haben wenn man Ihnen „mal“ was zutraut und sie durchaus auch mal machen lässt. Und so werden wir unsere erste gemeinsame Hochseeangeltour so schnell nicht vergessen – spätestens beim nun wöchentlichen Fischessen!